RockHarz Festival 2025

RockHarz Festival 2025

Erneut zieht es uns nach Ballenstedt an die Teufelsmauer, wo das RockHarz Festival 2025 an einem denkbar ungünstigen Tag seine Pforten öffnet. Es ist der letzte Schultag in Niedersachsen, was uns leider zunächst ans Haus fesselt, um die Kinder und ihre Zeugnisse in Empfang zu nehmen. Dadurch bedingt ist schon im Vorfeld klar, dass wir leider keine 100% des Festivals sehen werden. Bedauerlich, aber da müssen wir leider Prioritäten setzen.
Der Vorteil, wenn man erst am Mittwochnachmittag anreist? Die Autobahn ist leer, ebenso die Zufahrtswege zum Festival, keine Warteschlange vor der Akkreditierungsstelle, und auch am Einlass ist man gut gelaunt und schon mehr auf „Feierabendstimmung“ eingestellt, sodass es auch hier ganz fix geht. Der Presse-Campingbereich ist zwar schon recht gut gefüllt, aber wir finden direkt einen freien Platz mit netten Nachbarn und können schon nach wenigen Minuten auf das Infield gehen, wo zu diesem Zeitpunkt die letzten Töne von RHAPSODY ON FIRE erklingen… Zudem sei gesagt, es ist ein unglaublich heißer Tag gewesen (und auch weiterhin noch fast schon unerträglich warm), den wir größtenteils ohne direkte Sonneneinstrahlung ertragen konnten, entsprechend sind wir im Vergleich zu vielen anderen Leuten auf dem Infield noch halbwegs fitt. Genug der Vorworte, hier unser Bericht zu den Bands:

Tag 1:

Wie bereits erwähnt, müssen wir mit großem Bedauern auf EXCREMENTORY GRINDFUCKERS, TYR, APRIL ART, PRIMAL FEAR und RHAPSODY ON FIRE verzichten. Das bedeutet im gleichen Atemzug aber auch, dass das Festival (für uns) direkt mit drei absoluten Top-Acts startet!

Eigentlich ist es noch viel zu früh und viel zu hell, aber INSOMNIUM sind gut gelaunt und betreten nach einem Intro die Rock Stage. Der Sound ist druckvoll, teilweise ist die Bassdrum zu laut (ein Phänomen, welches sich durch das gesamte Festival hindurch zieht), und man merkt den Jungs an, dass es auch auf der Bühne unglaublich warm sein muss. Wie üblich werden die überzeugenden Deutschkenntnisse zum Besten gegeben, indem nach fast jedem Song der Applaus mit einem „Bitteschön, Dankeschön, wunderschön“ kommentiert wird. Der Spaß auf der Bühne wirkt fast schon diametral zur Atmosphäre der Musik. Nach 45 Minuten ist dann leider schon Schluss, INSOMNIUM ist und bleibt eine Band, die ich mir gerne anschaue, die mich auf ihren Alben aber besser abzuholen wissen.

Auf der Dark Stage geht es direkt weiter mit knallhartem Melodic Deathmetal. DARK TRANQUILLITY sind zu Gast auf dem RockHarz Festival, und Mikael Stanne hat Bock! Charmant und mit freundlichem Lächeln tobt er über die Bühne, und auch die restlichen Bandmitglieder geben alles, um das Publikum zu begeistern. Naja, fast alles, denn kurzzeitig macht die Technik einen Strich durch die Rechnung, und Stanne ist nicht gewillt, den „Auszieh´n, Auszieh´n“-Rufen des Publikums nachzugeben. Stattdessen verweist er auf seine roten Haare und die Tatsache, dass er binnen Minuten komplett verbrennen würde. Zum Glück muss nur ein Kabel getauscht werden und kurz darauf hat Schlagzeuger Anders Jivarp auch wieder Signal auf seinen Kopfhörern.

Auch auf CLAWFINGER hatte ich mich im Vorfeld auf dem diesjährigen Line-Up riesig gefreut. Bislang war es mir nicht vergönnt, die Band irgendwann mal live zu sehen, und auf den letzten Festivals konnte ich feststellen, dass Bands, die ich vor 20-30 Jahren gerne gehört habe, einen „Verjüngungseffekt“ haben können. CLAWFINGER schaffen dies leider nicht. Zwar liefert die Band gut ab, der Sound stimmt und das Publikum geht ordentlich mit, aber mich erreichen die alten Hits nicht. Möglicherweise war hier die Erwartungshaltung vorab zu groß, oder aber ich kann mit dem Rapmetal dann doch einfach nichts mehr anfangen. Auch der neue Song SCUM, den sie erstmalig live präsentieren, reißt mich nicht mit.

APOCALYPTICA spielen ein reines Metallica-Set, sehr zur Freude des Publikums. Nach dem Metallica-typischen Enrico Morricone-Intro „The Ecstasy Of Gold“ geht es direkt mit „Ride The Lightning“ und „Enter Sandman“ weiter. Die Finnen haben 1993 mit ihrer Cello-Interpretation von Metal eine absolute Marktlücke gefunden und sich über 30 Jahre gehalten, das sagt eigentlich schon alles. Mir fehlt hier weiterhin der Gesang, allerdings wäre es dann vermutlich nicht mehr ganz so spektakulär…

SAXON betreten als Headliner die Bühne. Das RockHarz kann sich glücklich schätzen, denn die Band um Sänger Biff Byford musste für diesen Sommer diverse Termine absagen, da selbiger sich einer Notoperation unterziehen muss. Mit diesem Wissen im Hinterkopf nimmt man eine solche Show viel bewusster wahr. Und SAXON spielen auf, als gäbe es kein Morgen. Es ist mittlerweile erträglich kühl geworden, und das Publikum geht mit, während die Band ihre zahllosen Hits zum besten gibt. Biff hat das Publikum im Griff!

Den Abschluss machen SOULFLY, last but not least. Rhytmisch dominierter Thrashmetal mit lateinamerikanischem Ethno-Einschlag, so kann man die Musik von Max Cavaleras Bandprojekt wohl am ehesten beschreiben. Egal wie, die Musik lädt dazu ein zu hüpfen und zu springen, und genau das machen die Zuschauer beim RockHarz auch! SOULFLY ist zwar musikalisch vielleicht kein absoluter Augenöffner, aber genau das Richtige, um Party zu machen. Ein gelungener Abschluss für den ersten Tag!

Tag 2:

Die Lokalmatadoren DELIVER THE GALAXY aus dem benachbarten Quedlinburg konnten vermutlich noch am heimischen Tisch ihr Frühstück zu sich nehmen und trotzdem noch rechtzeitig um 11:50Uhr den zweiten Festivaltag eröffnen. Der futuristisch anmutende Bandname mag gar nicht so recht zu den Wikinger-artigen Aufbauten auf der Bühne passen, technisch ist das, was die Band da macht, aber absolut in Ordnung, und der Sänger gibt alles, um das Publikum zu so früher Stunde aufzuwecken. Die, die bereits vor Ort sind, nehmen es begeistert auf.

Auf der Dark Stage geht es direkt mit Viking Deathmetal von ASENBLUT weiter. Sänger Tetzel betritt die Bühne mit einem „Drachenschädel“-Helm, den er nach dem ersten Song aber auch schnell wieder ablegt. „Es wird uns nachgesagt, wir seien die deutschen Amon Amarth“ witzelt er im Laufe des Sets herum. Ja, gewisse Parallelen kann man da wohl nicht leugnen, selbst das Bandlogo mit den Runen für „AB“ erinnern halt stark an das „AA“ von Amon Amarth, vom musikalischen Aspekt ganz zu schweigen, und auch textlich dreht es sich halt um die gleichen Themen. Aber wie sage ich immer? Lieber gut geklaut als schlecht selbst gemacht.

Weiter geht es mit KUPFERGOLD. Hier hält es mich nicht allzu lange, da mich die Mittelalter-Sparte im Metal-/Rockbereich nur bedingt abholt. Das Publikum feiert es aber so sehr, dass Sängerin Bonnie Banks in ihrem Meerjungfrauenkostüm nach dem ersten Song feststellt, dass ihre Nippel hart werden, was sie selbst sexy findet. Mit Songs wie „Metmeister“ und „und ´n Tripper“ bringt die Band die Leute vor der Bühne zum Tanzen, ich für meinen Teil tanze ab…

Die Schweden MISTER MISERY spielen erstmals mit neuem Bassisten, sind aber so unglaublich gut aufeinander eingespielt, dass meinen könnte, sie würden bereits seit Jahren zusammen Musik machen. Mich erinnert das Ganze immer ein wenig an eine Mischung aus Trivium, Cradle Of Filth und Combichrist, dabei ist die Band aber insgesamt unglaublich frisch und teilweise auch innovativ. Ein gelungener Mix aus Theater, musikalischem Können und jeder Menge Image. Ich bin überzeugt, von dieser Band werden wir noch lange was hören!

THE GEMS bieten soliden Rock mit Frauengesang. Wenig überraschend klingt die Band extrem nach Thundermother, wurde sie doch aus ehemaligen Mitglieder ebenjener gegründet. Wegen Schwangerschaft mit Ersatzleuten bestückt, merkt man dies der Band aber kaum an. Nach MISTER MISERY ist bei mir aber gerade, vielleicht auch bedingt durch die Temperaturen, die Luft raus und ich brauche ein wenig Pause.

THE NEW ROSES bieten ebenfalls soliden Rock der Marke Bon Jovi. Sowas ist immer ganz gut auf einem Festival aufgehoben, denn da gibt es eine ziemlich große Schnittmenge, die mit der Art von Musik zumindest im Ansatz etwas anfangen kann. Die Band liefert voll ab, die Songauswahl passt, das ist rundum gelungen. Gerne wieder. (Leider war unsere Foto-Fee zu diesem Zeitpunkt auf der Teufelsmauer, daher keine Bilder von The New Roses…)

Es geht weiter mit Stoner Rock von GREEN LUNG. Was die Briten da abliefern, ist grundsolide, wenn auch manchmal stimmlich ein wenig wackelig. Mich holt es musikalisch nicht komplett ab, weswegen ich den Moment nutze und mich schon einmal vor der Nebenbühne platziere, um eine gute Sicht zu haben. (Leider war unsere Foto-Fee zu diesem Zeitpunkt auf der Teufelsmauer, daher keine Bilder von Green Lung…)

MEMORIAM müssen niemandem mehr etwas beweisen. Es gibt rollenden Oldschool Deathmetal, und Sänger Karl Willetts schwitzt sich bei den Temperaturen die Seele aus dem Leib. Hier gibt es einen Song nach dem nächsten immer voll auf die Glocke, gefühlt alle Köpfe sind am Headbangen, und zum Abschied wirft Willetts sein klitschnasses Muskelshirt in die Menge. Wie früher schon Bolt Thrower, hat man auch hier das Gefühl, von einem Panzer überrollt worden zu sein. Was hier passiert, ist keine technische Finesse, sondern einfach simple, brutale Gewalt. Ein unglaublich überzeugender Auftritt, der einmal mehr beweist, dass man Deathmetal auch glaubwürdig spielen kann, ohne die ganze Zeit böse zu gucken!

Und wo wir gerade dabei sind, dass Metal nicht immer nur böse sein muss: auf der Nebenbühne haben es die pinken Gitarrenverstärkerwände bereits angedroht: J.B.O. kommen. Die „Verteidiger des wahren Blödsinns“ sind gut gelaunt und spielfreudig, das Publikum in Partylaune, und so steht der Feier auch schon nichts mehr im Weg. Bei mir machen sich erstmalig die Temperaturen bemerkbar, sodass ich ein wenig aus der Schusslinie gehe und mir einen Schattenplatz suche.

Mit WARKINGS kommt die nächste Band in Vollverkleidung auf die Bühne. Mit einem Intro, bei dem eine tief gepitchte Stimme alle „Krieger“ einzeln präsentiert, geht es los, der „Tribune“ begrüßt das „Rockus Harzus“, und direkt darf das Publikum im ersten Song die Arme in die Luft reißen und mit brüllen. Und spätestens mit dem Auftritt von Morgana le Fay gewinnt die Musik dann noch einmal eine zusätzliche Facette, die die ohnehin schon kraftvolle Powermetal-Mischung noch einmal pusht.

Nach so viel Bühnenpräsenz wirken SODOM fast schon ein wenig unscheinbar auf der Bühne, dafür überzeugen sie routiniert mit knallhartem Thrashmetal. Derzeit kursiert ja die noch nicht offiziell bestätigte Information, dass Tom Angelripper mit SODOM pausieren will, möglicherweise ist das der Grund, warum sich so viele Leute hier vor der Bühne eingefunden haben. Wer weiß, wie oft sich diese Gelegenheit noch ergibt, SODOM live zu sehen… Und Die Band ist unglaublich routiniert, das merkt man. Insgesamt wirkt das aber alles eben auch etwas „altbacken“, denn eine richtige Show wird nicht geboten. Hier steht die Musik im Mittelpunkt, und die soll gefälligst für sich selbst sprechen.

Zeit, wieder ein wenig positive Energie in das Publikum zu bringen. VERSENGOLD sind da genau das Richtige. Irish Folk mit deutschen Texten kommt in der Masse gut an und lässt das Rockharz tanzen. Spätestens mit Hits wie „Thekenmädchen“, „Kobold im Kopp“ oder „Der Tag, an dem die Götter sich betranken“ hat die Band das Publikum voll auf ihrer Wellenlänge. Wer hier keinen Spaß bei hat, der hat vielleicht doch einfach ein bisschen zu eng gesteckte Scheuklappen.

KING DIAMOND spaltet im Anschluss ein wenig die Geister. Natürlich ist das rein musikalisch eine grandiose Leistung, die da vollbracht wird, und optisch ist das auch ein richtiger Hingucker, nur der Gesang ist (aus meiner Sicht verständlicher Weise) nicht jedermanns Sache. Aber gilt das nicht letztendlich für jede Band? Was man dabei auch nicht vergessen darf ist, dass KING DIAMOND schon so lange dabei ist, dass er von Metallica als Inspirationsquelle genannt wird, und wer darf das schon von sich behaupten? Letztendlich ist die Show absolut solide, nichtsdestotrotz merkt man, dass die Leute auf die nächste Band warten!

Denn als Headliner des Abends stehen HEAVEN SHALL BURN auf dem Zettel. Über Markus Stimmausfälle seit dem Rock am Ring wurde schon genug in den Medien berichtet, sodass wir auch ohne vorherige Ankündigung schon ziemlich sicher sind (zumal wir sie im Vorfeld auch schon herumlaufen sehen haben), dass Britta Görtz sich erneut das Mikrofon schnappen wird, um der Band in dieser Ausnahmesituation auszuhelfen. Und das macht sie absolut solide! Die Band und Britta haben sich inzwischen gut aufeinander eingespielt, sodass man, wenn man es nicht wüsste, gar nicht das Gefühl bekommt, hier würde jemand die Show machen, die das erst vor ein paar Wochen überhaupt erfahren und in Rekordgeschwindigkeit alles gelernt hat. Zum Schluss kommt Markus auch noch einmal auf die Bühne und dankt den Fans für den Support, und er verspricht, dass HEAVEN SHALL BURN mit ihm wieder an die Teufelsmauer kommen und dann Britta einfach mitbringen! Ich bin schon jetzt auf die nächste Veröffentlichung gespannt, wenn da nicht mal ein Duett im Raum steht…

Im Anschluss wird es noch einmal finster. NACHTBLUT versuchen, die Stimmung und Energie des Abends zu halten, aber das ist nach dem musikalischen Feuerwerk ein undankbarer Job. Zudem ist auch hier zu erkennen, dass die Band zwar ihre Fanbase hat, aber halt auch genauso viele Leute nicht zwingend etwas mit der Musik anfangen können. Somit warten wir dann nur noch auf den Rausschmeißer des Abends!

Und NON EST DEUS schmeißen raus, mit einer Brutalität und Lautstärke, die ihresgleichen sucht. Schon im Vorjahr war Frontmann „Noise“ mit seiner Hauptband Kanonenfieber vor Ort und hat zu später Stunde noch einmal alles rausgehauen, was so geht, und auch das Nebenprojekt will dem in nichts nachstehen. Wie das lebendig gewordene „Leprous“-Cover von Death zieht die Band auf die Bühne und zelebriert brutalen, modernen Deathmetal. Wer auch immer das Line Up dieses Jahr gemacht hat, scheint seinen Spaß daran zu haben, mit einem echten Kracher den Tag abzuschließen. Nach der Show habe ich eigentlich Bock auf mehr, aber ich muss mich bis zum nächsten Tag gedulden.

Tag 3:

SEASONS IN BLACK starten das Bühnenprogramm am Freitag. Nach einem Carmina Burana-Intro gibt es rollenden Deathmetal mit melodischen Gesangsanteilen. Die Jungs sind gut aufeinander eingespielt und somit drückt das ganze ordentlich, großartige Innovationen sucht man im Sound aber mehr oder minder vergeblich. Cool, aber nicht das Rad neu erfindend halt.


Wegen eines Interviewtermins ziehen ARCTIS, DEFECTS und HARPYIE ungehört an uns vorbei und wir kommen erst wieder zu AEPHANEMER vor die Bühne. Was die Franzosen da abliefern, ist technisch sehr schicker Deathmetal, der gesanglich ebenfalls stark an Chuck Schuldiner erinnert, dabei insgesamt aber leider nicht das Niveau der Ausnahmeband Death erreicht. Nichtsdestotrotz kommt das beim Publikum gut an und das Infield ist gut voll.


Nebenan machen sich derweil DESERTED FEAR aus Jena bereit. Die Band beweist mal wieder, dass man Deathmetal spielen kann und trotzdem über beide Ohren grinsen kann. Das ist aber auch kein Wunder, denn das Publikum feiert, und auch die Herren auf der Bühne sind in Feierlaune, da später am Tag noch Familienbande geknüpft werden sollen. Nehmt es mir nicht übel, wessen Bruder mit wessen Schwester das Ja-Wort wechselt, ist untergegangen, aber wir wünschen den beiden alles erdenklich Gute.


Es bleibt hart an diesem frühen Freitagnachmittag. Mit VADER kommt das nächste Deathmetal-Urgestein auf die Bühne. Die sind schneller unterwegs und ballern aus allen Rohren, aber meine Ohren brauchen eine kurze Pause, da ich mich riesig auf die nächste Band freue.


DRACONIAN haben eine ganz eigene Atmosphäre, die sie auf der Bühne versprühen. Melancholisch, fragil, und trotzdem hart wirkt das, was sie da machen. Für meinen Geschmack ist es noch zu hell, um mich in die richtige Stimmung zu bringen, nichtsdestotrotz kann ich die Show gut genießen. Das Duett Anders Jacobsson und Lisa Johansson harmoniert perfekt, und wen wundert es, gibt es die Band doch bereits seit über 30 Jahren. Auf Facebook gibt die Band kurz vorher noch ihre Ankunft bekannt, und dass sie sehr müde seien. Davon ist auf der Bühne aber nichts zu merken!


Mit ANY GIVEN DAY im direkten Anschluss ist das fast wie eine Stilbruchparty. Eben noch wird man „eingelullt“, und im nächsten Moment kommt die Abrissbirne und verbreitet Energie und gute Laune. Lupenreiner Metalcore, wie er im Buche steht. Das Publikum nimmt den Stilwechsel dankbar auf, die Crowdsurfer kommen auf ihre Kosten und die Grabenschlampen haben ordentlich zu tun.


Hiernach wird es aber auch mal wieder Zeit, anspruchsvolle Musik mit Niveau ins Programm zu nehmen, und wer eignet sich da besser als DIE KASSIERER? Gespannt warten wir auf die Performance der frivolen Punkband, die unlängst bekannt gegeben hat, dass Sänger Wölfi das Mikrofon nach und nach an seinen Nachfolger Christoph Halbe weitergeben will. Und wir werden auch nicht enttäuscht. Christoph hat sein Erbe verstanden und steht dann irgendwann nackt auf der Bühne. Die Songauswahl bietet alle Hits der Band, und wie immer ist das Publikum gespalten: manche lieben es, manche hassen es.


Danach wird es erst einmal ein wenig klassischer, OVERKILL hat man schon das ein oder andere mal gesehen, wenn man nicht gerade neuer Metalfan ist. Mit inzwischen 45 Dienstjahren auf dem Buckel gibt es kaum eine Band, die mehr als „Vorzeige-Thrashmetal“-Band genannt werden dürfte, und 50% der Gründungsmitglieder sind immer noch dabei! Hut ab!


Danach kommen die Powermetal-Fans mit GLORYHAMMER auf ihre Kosten. Ebenfalls unglaublich klassisch in ihrem Stil gehalten, unglaublich beliebt beim Publikum, aber ehrlich gesagt nicht mein Ding. Deswegen nutze ich den Moment, in dem Angus McFife seine Geschichte zum Besten gibt, und suche noch einmal einen Augenblick der Ruhe, denn der Abend wird noch lang!


Dani Filth ist mit seiner Band CRADLE OF FILTH als nächstes dran. Genauso wie bei DRACONIAN ist es fast noch ein wenig zu dunkel, um die Band voll zu genießen, und zudem ist CRADLE OF FILTH auch eher eine Tourband und keine Festivalband, denn auf der eigenen Bühne können sie noch viel mehr bieten als in solch einem Setting. Nichtsdestotrotz ist die Songauswahl absolut bockstark und macht eigentlich Lust auf eine weitere Stunde, aber der Zeitplan ist eng gestrickt.


MONO INC. auf der Dark Stage wissen ebenfalls ihr Publikum zu überzeugen, allerdings auch hier trifft es nicht ganz meinen Nerv. Das ist aber Jammern auf hohem Niveau, denn es gab heute schon jede Menge Deathmetal, und es gibt wirklich Bands, die man weniger hören mag.


Headliner des Freitags sind POWERWOLF! Mit imposanten Bühnenaufbauten, Videoleinwänden, Pyroshow, Luftschlangen und guter Laune schaffen es die Werwölfe, sogar mich ein Stück weit abzuholen, denn eigentlich kann ich der Band nichts abgewinnen. Der Platz vor den Bühnen ist komplett dicht, jetzt ist wirklich jeder irgendwie da, und die Stimmung ist ausgelassen.


Den Abschluss des Abends machen SOLSTAFIR. Nachdem ich dieses Jahr selbst auf Island im Urlaub war, bin ich unglaublich gespannt auf die Show, und tatsächlich hört man die Musik mit ganz anderen Ohren, wenn man dazu die Bilder und Eindrücke der Insel im Hinterkopf hat. SOLSTAFIR verzaubern die Leute, die noch dageblieben sind, versetzen sie fast schon in eine Trance, und breiten einen unglaublich intensiven Klangteppich aus. Als das Konzert vorbei ist, brauche ich ein paar Minuten, um wieder voll im Hier und Jetzt zurückzukehren. Das war magisch, ein unglaublich genialer Abschluss für den Tag!

Tag 4:

Der Festival-Blues setzt ein. Da für viele aus unserer Reisegruppe heute Abfahrtstag ist, wird der Vormittag und Mittag genutzt, um Pavillon etc. abzubauen und aufzuräumen, was auf Kosten von VELVET RUSH und FROZEN CROWN geht.
Etwa zur Hälfte von ROBSE sind wir dann vor den Bühnen und freuen uns, auch noch ein bisschen Equilibrium zu hören. Befremdlich ist für mich dagegen, wie ROBSE mit seinen Mitmusikern auf der Bühne umgeht, das Publikum auf Verspieler aufmerksam macht und das alles total lustig findet. Ich finde das eher daneben.


BOKASSA rocken auf der Nebenbühne, zeigen ihre unglaublichen Deutschkenntnisse und haben Spaß bei der Interaktion mit dem Publikum. Der Funke springt über, aber ein Flächenbrand wird nicht daraus. Keine Band, wegen der ich das Infield verlassen würde, aber auch keine, wegen der ich zwingend hingehen würde.


Aber ich freue mich auf PRO-PAIN, die im Anschluss auf der Nebenbühne spielen. Anfänglich zumindest, mit einer gehörigen Portion Nostalgie. Nach ein oder zwei Songs wird mir das aber zu eintönig. Das hat Mitte der Neunziger irgendwie mehr reingehauen, und man kann feststellen, dass sich die Metalmusik seither extrem gewandelt hat in manchen Bereichen.


Auch GRAND MAGUS zählen zu meinen Must-Sees auf dem diesjährigen Rockharz, aber auch hier zeigen sich nach ein paar Songs Ermüdungserscheinungen in der Begeisterungsfähigkeit. Auch hier wird mit einem Deutschkurs geprahlt, viel mehr Bemerkenswertes passiert dann aber auch nicht auf der Bühne. Eine solide Metalshow, nicht mehr, nicht weniger.


Es geht weiter mit Piraten-thematisiertem Symphonic Metal von VISONS OF ATLANTIS. Die Bühne wird kurzerhand zum Piratenschiff, und was Michele Guaitoli und Clémentine Delauney da vorführen, hat schon fast Musical-Charakter. Ein absoluter Hingucker für Fans von Säbelrassler-Filmen, leider stimmlich nicht immer 100% auf der Höhe.


Danach wird es wieder etwas „gesetzter“ mit Doommetal von AVATARIUM. Nach der stimmungsvollen Musik davor ist das wieder ein herber Kontrast, aber was die Schweden da abliefern, ist technisch absolut solide. Dafür muss man aber auch in der richtigen Stimmung sein, und ich denke, auf einer Clubbühne funktioniert das auch noch einmal eine Spur besser.


Und weiter geht es mit dem Wechselbad der Musik-Stimmungen. COMBICHRIST sind wieder etwas für Leute, die lieber tanzen wollen. Es ist schwer einzusortieren, wie wir die Musik nennen wollen, und das ursprünglich als Ein-Mann-Projekt von Sänger Andy LaPlegua gegründete Bandprojekt hat auch schon stilistisch eine erhebliche Entwicklung hinter sich. Vergleiche mit Rammstein und Die Krupps sind sicherlich naheliegend, aber passen auch nicht in Gänze.
Es ist übrigens die Abschiedsshow von Schlagzeuger Dane White.


Wir bleiben bei guter Laune und Mitmach-Songs! FROG LEAP haben den großen Vorteil, dass sie ausschließlich Coversongs im Metalgewand spielen, die wirklich jeder kennt, und so ist es ihnen ein Leichtes, die Menge in den Griff zu bekommen. Multiinstrumentalist Leo Moracchioli hat einen bunten Mix aller (seiner) großen Hits eingepackt, inklusive „Africa“ und „Ghostbusters“. Besonders punktet er mit dem Pokémon Theme!


Im Anschluss spielen MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN. Es gibt erneut Piratensongs, diesmal im Folk-Mantel. Die Band weiß einfach, wie sie gute Stimmung macht, und bei Hits wie „Piraten: Megageil“, „Meine Schnauze“ und natürlich „Blau wie das Meer“ gröhlt auch das gesamte Publikum mit. Funfact: Im großen Medley spielen sie auch das Pokémon Theme!“


Derweil werden nebenan große Spielautomaten aufgebaut. Voll im Konzept von „Double Dragon“ gehen DRAGONFORCE auf die Bühne und demonstrieren eindrucksvoll, was man alles so mit Metal-Instrumenten machen kann (ich will mich hier jetzt nicht auf die Gitarrenarbeit beschränken). Dabei ist es nicht nur das technische Können, was hier hervorsticht, sondern es sind auch die Akrobatikeinlagen, die begeistern, wenn die Gitarre „fallengelassen“ wird und mit einem sanften Fußkick wieder an der richtigen Position landet. Für mich ist das gutes Entertainment, auch wenn ich manches mal an die alte Mozart-Verfilmung denken muss und daraus frei zitiere: „Wie soll ich sagen? Zu viele Noten!“ Aaaber: auch Dragonforce spielen das Pokémon Theme, womit dies der meistgespielte Song des Festivals sein dürfte!


ABBATH performing IMMORTAL ist eigentlich schon Aussage genug um zu wissen, was einen im Anschluss erwartet. Finsterer norwegischer Blackmetal, mit einem Frontmann, bei dem ich mir immer nicht sicher bin, ob sein extravagantes Auftreten ernst gemeint ist, oder ob er sich selbst und den norwegischen Blackmetal persiflieren will. Die Songauswahl überzeugt, hier wird jeder Immortal-Fan glücklich und auch Leute, die nur „gelegentlich“ im Blackmetal wildern, kriegen eine Vollbedienung.


Es bleibt „geschminkt“ auf der Bühne. ASP bedient wieder den Teil des Publikums, die sich in den düsteren Gefilden des EBM/Dark Wave/Metal bewegen. Nicht wirklich mein Geschmack, aber der Großteil des Publikum feiert es. Spätestens beim letzten Song „Ich will brennen“ sind alle dabei, und es ist inzwischen extrem voll geworden auf dem Platz vor den Bühnen, denn alle warten auf den Headliner!


IN EXTREMO eröffnen ihr Set tatsächlich extrem, mit sehr viel Pyroshow und Geböller! Und als wäre das nicht genug an Licht, fordert die Band das Publikum auf, sämtliche Feuerzeuge und Handytaschenlampen zu erheben und ein Lichtermeer zu bilden. Das sieht echt eindrucksvoll aus. IN EXTREMO spielen absolut routiniert ihr Set und erweisen sich ihrer Rolle als Headliner des Abends als würdig. So voll war der Festivalplatz bei keiner anderen Band.
Um nicht in den größten ersten Abreisestau zu geraten, nutzen wir diese Situation und begeben uns langsam zum Auto. TRAGEDY entfällt für uns leider, aber wie sagt man so schön? Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist.

Fazit: Es ist ein unglaublich heißes ROCKHARZ 2025 gewesen. Es ist ein unglaublich freundliches ROCKHARZ 2025 gewesen. Die Veranstalter haben sich für die Metalfans, die sich mit dem Festival stark verbunden fühlen, dafür eingesetzt, dass nun auch hier geheiratet werden kann, was sehr gerne angenommen wurde. Und bei den Danksagungen der Veranstalter geht Thorsten Kohlrausch selbst auf der Bühne auf die Knie und hält um die Hand seiner langjährigen Partnerin Daniela an, die anschließend auch einwilligt. Ein rührendes Bild, die Menge ist begeistert.
Gibt es Dinge, die das Rockharz noch besser machen kann? Ich bin immer noch kein Fan von den Einweg-Plastikbechern (auch wenn es nun Pfand darauf gibt), das ist aber auch das einzige Haar in der Suppe, das ich finden kann. Mit fällt auf Anhieb kein anderes Festival in der Größenordnung ein, das so viel Augenmerk auf Familienfreundlichkeit, Inklusion und Akzeptanz legt wie dieses. Ich habe bislang keinen Mitarbeiter dort erlebt, der schlecht gelaunt war, und diese positive Energie gebe ich dann auch gerne wieder. Ich bin weiterhin Fan von der „zwei Bühnen, keine Bandüberschneidungen“-Ideologie und sehe dadurch auch Bands an, die ich normalerweise vom Zettel streichen würde. Und wenn es mir nicht gefällt, sind die Laufwege allesamt überschaubar. Liebes ROCKHARZ, weiter so, wir kommen sehr gerne wieder!

Text: Matthias Brandt
Alle Fotos Copyright: Susann Brandt

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