Warum eigentlich ist 2024 das erste Mal, dass wir das Rockharz Festival besuchen? Nein, das stimmt nicht ganz. Irgendwann vor über 20 Jahren war ich schon einmal dort, noch auf der anderen Seite des Harzes. Aber das ist ja alles schon so lange her, dass die Erinnerungen daran mehr als nur trüb sind. Darum stürzen wir uns auch direkt in die Vollen und schauen uns das Festival 2024 an:
25.000 Besucher, zwei nebeneinander liegende Bühnen, für das Großereignis EM gibt es im Mutantenstadl extra eine Leinwand, falls jemand das Deutschlandspiel tatsächlich für wichtiger erachtet als das Festival. Eine tolle Kulisse mit der Teufelsmauer im Hintergrund, der Campground am Flugplatz Ballenstedt mit kurzen Laufwegen egal von wo bis zum eigentlichen Infield. Unsere Anreise am Mittwoch früh (ca. 8 Uhr Ankunft) war relativ problemlos, wir konnten direkt zum Check-In und von dort auch unkompliziert zum Campground.
Das allererste, was uns auffällt: die Leute sind alle unglaublich freundlich und entspannt. Die Orientierung auf dem Festivalgelände ist quasi selbsterklärend, alles ist schön übersichtlich.
In der Theorie kann man sich auf dem Rockharz Festival JEDE BAND anschauen! Das komplette Programm wird auf den beiden Hauptbühnen im Wechsel durchgezogen, es gibt keine kleineren Bühnen nebenher, die ein Alternativprogramm anbieten. Für ein Festival dieser Größe empfinden wir das als durchweg positiv, denn die kurzen Wege ermöglichen es so, die Pausen durch Bands, die einen nicht interessieren, sinnvoll zu nutzen und nicht zu spät zur nächsten Band zu erscheinen. Aber widmen wir uns nun genau dem, worum es hier geht, der Musik.
Tag 1:
Das Programm in diesem Jahr dürfen POWER PALADIN eröffnen. Solider Heavy Metal für die Massen, Einstimmung auf vier Tage vollgepackt mit tollen Bands. Hier konnte man sich erstmalig ein wenig die Haare durchschütteln, bevor es direkt darauf gleich ein wenig skurril zugehen sollte.




Für GUTALAX hatten sich Fans bereits mit Klobürsten etc. ausgerüstet, um die Grindcore-Band in weißen Ganzkörper-Overalls für ihre Darbietung rund um Fäkalien zu feiern. Klar, musikalisch und gesanglich ist das alles sehr fragwürdig, (ja, textlich auch), aber das ist einfach spaßige Satire, wer das nicht versteht, hat die Band nicht verstanden… und solange die Fans das feiern, ist doch alles in Ordnung. Denn Metal ist schon lange nicht mehr nur ernst und böse, sondern darf auch lustig sein!



Wie mache ich jetzt eine unverfängliche Überleitung zu BROTHERS OF METAL? Statt Overalls gibt es jetzt Leder und Fell zu sehen, auf die Ohren gibt es Powermetal, wie er im Buche steht. Optisch und musikalisch nicht meins, aber den Leuten gefällt es.



Mit MAMMOTH WVH haben wir es mit der Band um Wolfgang Van Halen zu tun (ja, genau, der Sohn von ihr wisst schon wem). Ja, Wolfgang scheint einiges von seinem Vater gelernt zu haben, aber auch stimmlich ist das ziemlich cool, was er da abliefert. Mit ihrem modernen, schubladenfreien Metal darf man hoffen, noch deutlich mehr von MAMMOTH WVH zu hören, und ebenso bleibt zu hoffen, dass man sich irgendwann das WVH im Namen schenken kann, aus den großen Fußspuren heraustritt und sich als Band einen eigenen Namen macht.




Mit KÄRBHOLZ im Anschluss gibt es für die Fans was zum Mitgröhlen, rotzig, roh, schnörkelfrei. Erneut nicht so richtig meins, zumal mich das alles zu sehr an eine andere große Band erinnert, die ebenfalls auf „Wir gegen den Rest der Welt“ machen. Da schwingt mir immer zu viel Pathos mit.
Mit CALLEJON kommt nun die erste Metalcore-Band an den Start. Die nehmen sich selbst (gerade in Bezug auf ihre Texte) nicht ganz so ernst, aber spätestens am Schluss, wenn sie „Schrei nach Liebe“ covern, dürfte klar sein, wo sich die Band politisch sieht.
Als nächstes dann OOMPH!, auf die ich sehr gespannt bin. Der Schulz am Mikrofon ist kein Unbekannter, hat er doch lange Zeit bei Unzucht als Frontmann agiert, nun also als Ersatz für Dero bei dem Urgestein der NDH-Welle. Unzucht-Fans nehmen ihm den Wechsel weiterhin übel, aber umso erfreuter sind die OOMPH!-Fans, dass sich jemand gefunden hat, der die Position am Mikrofon so souverän und überzeugend übernehmen kann. Mit einer guten Mischung aus älteren und neuen Songs (wenn auch für meinen Geschmack zu wenig ganz alte) schließt die Band mit ihrem über-Hit „Augen auf“ das Set. Zeit, dass einer der ganz großen Frontmänner des Metal übernimmt.






BRUCE DICKINSON ist mit seinem Solo-Programm zu Gast auf dem Rockharz Festival. Der Mensch kann bekanntlich nicht aus seiner Haut, und so fegt Dickinson wie auch bei seiner Hauptband Iron Maiden energetisch über die Bühne, stimmlich liefert er komplett ab, und auch ansonsten weiß er, wie er ein Publikum zu leiten hat.






Nicht weniger routiniert geht es auf der anderen Bühne mit DIRKSCHNEIDER weiter, der ein so riesiges Repertoire an Hits hat, auf das er zugreifen kann, dass einem Hören und Sehen vergeht. Auch wenn ich selbst diese Art Gesang nicht feiere, komme ich nicht umhin, Songs wie „Princess of the dawn“ oder natürlich auch „Balls to the walls“ mitzusingen.
Mit AMORPHIS spielt eine der Bands, auf die ich mich am meisten gefreut habe. Live sind die Finnen immer eine sichere Bank, sprechen ein breites Publikum an und haben zumeist genau das richtige Tempo in ihren Songs, um sich selbst den Nacken zu zerstören.






KANONENFIEBER schließen den Abend ab. Stacheldrahtzäune, Sandsäcke und Haubitzen zieren das Bühnenbild, die Band betritt in Uniform die Bühne, und danach wird martialisch angehaucht mit ohrenbetäubender Lautstärke über den ersten Weltkrieg gesungen. Ich hatte die Band nicht auf dem Schirm und mich bislang nur oberflächlich damit befasst, und so schwingt eine bizarre Mischung aus Faszination und Fassungslosigkeit mit. Die Band positioniert sich zwar ganz klar, aber irgendwie ist das nichtsdestotrotz Grauzone, und wer da was für sich raushören will, der kann das ziemlich sicher auch. Mit Flammenwerfern und sonstigem Pyro endet der erste Tag…






Tag 2:
Nach einer ruhigen Nacht, inklusive Ausschlafen und gutem Frühstück, geht es weiter im Text.
HAMMER KING spielen auf, es gibt Heavy Metal in Reinkultur. Genau richtig, um auf den Tag einzustimmen, da machen die Organisatoren vom Festival einen guten Job.
Mit NYKTOPHOBIA gibt es zum ersten Mal Death Metal auf die Rübe. Was die Herren da abliefern, ist grundsätzlich amtlich, leider aber nicht gänzlich sauber, und zusätzlich sorgen ein paar Soundprobleme dafür, dass man zwar erkennt, was es hätte werden sollen, aber leider doch nicht ganz geworden ist. Die Fans feiern NYKTOPHOBIA ungeachtet dessen, und auch ich bin insgesamt eher positiv gestimmt.





Es folgen HELDMASCHINE. Mit dem Erfolgskonzept von Rammstein als geheimen Plan in der Tasche gibt die Band ihr Bestes, getreu nach dem Motto „gut kopiert ist besser als schlecht selbst gemacht“. Vielleicht tue ich der Band mit diesem Urteil Unrecht, aber es gibt einfach zu viele Dinge, die sich da als Vergleich aufdrängen.






THE O´REILLYS AND THE PADDYHATS spielen zum großen Tanz auf, Irish Folk Metal ist ja immer für Partylaune gut. Aber leider beschwört die Band auch Regenwolken auf den Plan. Es beginnt erstmalig richtig zu regnen…
MASSIVE WAGONS lassen sich vom Wetter ebenfalls nicht die Laune verderben und spielen soliden Rock, und das Outfit mit „Oskar aus der Mülltonne“-Socken ist auf jeden Fall ein Hingucker im Kontrast zur Tarnhose.
Es bleibt rockig.
BULLET haben ebenfalls das Wetterpech auf ihrer Seite, die Leute, die da sind, nehmen den Auftritt aber dankbar an.
VARG „entern“ die Bühne. Viking Death Metal, deutsche Texte, mit neuer Sängerin im Gepäck, Kunstblut in die Gesichter geschmiert, wo eben noch Party und Rock angesagt war, wird es nun wieder düster und ernst. Die Band darf sich darüber freuen, dass es langsam wieder voller wird.
Bislang ist das Festival von technischen Problemen größtenteils verschont geblieben, aber nun ist die Glückssträhne vorbei. Vom Dach rauscht ein Schwung Wasser herunter und trifft das Bassequipment von RAGE, die ihren Auftritt nun bedauerlicher Weise ohne Bass spielen müssen. Ein harter Schlag für Frontmann Peavy, aber RAGE funktionieren zur Not auch so.
Mit DYNAZTY gehen nun erstmals zwei Musiker auf die Bühne, die beide später noch einmal zu sehen sein werden. Sänger Nils Molin wird am Folgetag noch mit seiner Band Amaranthe auftreten, Basser Jonathan Olsson im direkten Anschluss auf der Nebenbühne bei Pain. Von „Sparflamme“ ist hier aber nichts zu merken. Solider PowerMetal, die Jungs haben Bock, und das spürt man auch im Publikum.






PAIN sind die erste Band, die ich als fehlgebucht empfinde, denn es ist eigentlich noch viel zu früh am Tag für so ein Geschütz. Peter Tägtgren liefert voll ab (auch er wird am Samstag noch einmal mit Hypocrisy auftreten), im Hintergrund läuft auf einer Leinwand visuelle Unterhaltung passend zu den Songs (das klassische Backdrop-Banner hat mehr und mehr ausgesorgt, wie es scheint), und auch die Kostümierung wechselt mehrfach während des Sets. Spätestens bei „Shut your mouth“ ist das Publikum ganz aus dem Häuschen.







THE HALO EFFECT haben auf der Nebenbühne ebenfalls ein leichtes Spiel. Die Band, bestehend aus ausschließlich Ex-In Flames-Mitgliedern, hat bislang mit nur einem Album die Herzen der Fans erspielt, und Frontmann Mikael Stanne ist sowieso absolut sympathisch in seiner Bühnenpräsenz. Es gibt Ausblicke auf das neue Album, ansonsten ist der Auftritt aber souverän, wenn auch etwas unspektakulär nach Pain.





HATEBREED feiern ihr 30-jähriges Bestehen auf dem Rockharz. Der Auftritt beginnt mit einer Videobotschaft, in der viele bekannte Größen aus der Szene ihre Aufwartung machen, zwischendrin werden immer mal Songs der Band angespielt, und bereits hierbei rastet das Publikum aus. Als die Band dann selbst auf die Bühne kommt, ist kein Halten mehr. Irgendwann in der Mitte des Sets wird dann noch der überdimensionale Wasserball ausgepackt, liebevoll „Ball of Death“ getauft. Wie eine Abrissbirne fliegt das Ding durchs Publikum, und auch musikalisch und Lautstärke-technisch ist das eine Abrissbirne.




HAMMERFALL können da meiner Ansicht nach leider nicht mithalten. Sicherlich vom Publikum gefeiert, und auch „Harz on Fire“ funktioniert als Wortwitz wieder unglaublich gut, aber nach dem Brett hätte es wohl jede Band schwer gehabt. Dafür bereitet HAMMERFALL das Publikum sehr gut vor auf die größte Band der „Teutonic Four“.
KREATOR gehen auf die Bühne, und sofort kocht die Stimmung. Das ist Thrash Metal in seiner höchsten Form. Mille startet mit „Hate über alles“, und damit ist die Marschroute klar. Es gibt einen Hit nach dem anderen auf die Ohren, ein bombastischer Bühnenaufbau begeistert ebenfalls.
D´ARTAGNAN sind hier im Anschluss mit einem deutlichen Kontrastprogramm auf der Bühne. Jetzt wird noch einmal Stimmung gemacht. Mit Mantel-und-Degen-Musik im Gepäck sorgt die Band für einen tanzenden Mob, die Songs gehen sofort ins Ohr und von da direkt ins Bein.
DOMINUM dürfen als „Lordi-light“-Variante den Tag 2 abschließen. Heavy Metal mit Zombiekostümierung funktioniert um diese Uhrzeit ganz gut, und mit einer Coverversion von „Rock you like a hurricane“ ist man sowieso mindestens nostalgisch auf der richtigen Seite. Auch hier zeigt sich das Gespür für ein gutes Booking: eine versöhnliche Band zum Abschluss, wer will, kann mitmachen, wer nicht mehr kann, ist zumindest vermutlich nicht allzu sauer, etwas wirklich wichtiges verpasst zu haben. Freuen wir uns also auf den Freitag!
Tag 3:
Halbzeit! Unser Zwischenfazit: Bis hierhin hat das Festival quasi alles richtig gemacht! Der Freitag startet mit den kurzfristig für Defects eingesprungenen SURGICAL STRIKE, die die frühen Morgenstunden mit feinstem Thrash befeuern. Die PA knallt und ächzt unter der Last, das Publikum zuckt, aber Sänger Stöpsel erklärt den Anwesenden ganz relaxed, dass Musik eben manchmal weh tun muss. Oh ja, das hat es in der ersten Reihe!








Als nächstes sind THE NIGHT ETERNAL dran. Nach der ordentlichen Thrash-Kelle kann es nun etwas seichter mit rockigem Heavy Metal weiter gehen. Das sieht ganz gut aus, was die da auf der Bühne machen, musikalisch ist es aber nicht so ganz meins.





Gleiches gilt im übrigen auch für LEAGUE OF DISTORTION, die zwar soundmäßig moderner klingen, aber auch nicht so direkt meinen Nerv treffen. Das ganze Silber in den Bühnenoutfits kann da auch nicht drüber hinweg täuschen. Ist aber alles nicht so schlimm, denn „meine“ Bands sollen ja auch noch spielen im Lauf des Tages!







Mit VOGELFREY kommen aber erst einmal die Mittelalter-Fans voll auf ihre Kosten. Hier wird wieder kräftig des Harzers Tanzbein gefordert, und auch wenn man mit der Band nicht regelmäßig Kontakt hat, kann man sich dem Sog der Band nur schwer entziehen und macht fast schon von selbst mit.






SPIDERGAWD legen direkt rockig nach. Satt und solide, dafür aber für meine Ohren etwas zu seicht, außerdem brauche ich auch eine kurze Verschnaufpause vor dem, was als nächstes folgen soll…
Denn nun, bei knallender Sonne, stehen UNEARTH auf dem Plan. Die Metalcore-Band ist schon seit einem guten Vierteljahrhundert im Geschäft, und obwohl sie den Sprung ganz nach oben irgendwie immer noch verpasst haben, haben sie zwei unglaublich fähige Gitarristen an Bord, wovon sich alle Zuschauer bei alten und neuen Hits überzeugen können. Die Spielfreude der Band kann sich ebenfalls sehen lassen. Bislang eines meiner persönlichen Highlights des Festivals.






Mit VAN CANTO geht es danach (abgesehen vom Schlagzeug) a capella weiter. Auch die sind schon lange kein unbeschriebenes Blatt mehr, und entsprechend souverän legen sie auch los. Sicherlich nicht jedermanns Sache, aber VAN CANTO haben eine Nische für sich gefunden, in der sich nicht so viele andere Bands tummeln. Mit eigenen Songs sowie vielen bekannten Cover-Hits geht es munter durchs Programm, bevor es danach wieder etwas heftiger wird.






Zunächst steigen BENEDICTION auf die Bühne. DeathMetal vom Feinsten für alle, die es Oldschool mögen. Die Sonne knallt immer noch vom Himmel, und Frontmann Dave Ingram rät, man solle das Risiko eines Sonnenbrands nicht unterschätzen. Einzelnen Damen bietet er da gerne seine Dienste an, es solle bloß niemand seiner Frau erzählen. Natürlich ist das nicht wirklich ernst gemeint.





Direkt im Anschluss legen DYING FETUS noch einmal eine Schippe drauf. TechDeathMetal, Hochgeschwindigkeits-Riffs und Drums. Das ballert ganz schön doll. Ich feiere es, die Leute vor der Bühne ebenfalls, aber viele sind damit scheinbar auch überfordert und sammeln sich bereits vor der anderen Bühne, wo das nächste Highlight wartet.
Auf UNLEASH THE ARCHERS hatten sich nämlich sehr viele gefreut. Es gibt Power Metal aus Kanada, und Frontfrau Brittney Hayes gibt alles. Schnell hat die Band das Publikum in ihren Bann gezogen, und auch eine kurze Unterbrechung wegen technischer Schwierigkeiten tut der Stimmung keinen Abbruch.






Nebenan geht es direkt „explosiv“ weiter. KISSIN´ DYNAMITE beweisen, dass Haircrime Metal nicht zwingend erst über den großen Teich schippern muss, um einzuschlagen. Die Band weiß sich selbst in Szene zu setzen, und die Songs gehen sowieso gut ins Ohr, selbst dann, wenn man die Musik nicht so unbedingt mag. Eine kleine Bootstour über die Menschenmenge krönt den gelungenen Auftritt.









SUICIDAL TENDENCIES starten ihr Set mit meinem (S.T.)-Lieblingssong „You can´t bring me down“, und damit haben sie mich eigentlich schon direkt in der Tasche. Man merkt Mike Muir zwar mittlerweile an, dass er keine 20 mehr ist, aber trotzdem gibt er alles. Meine Augen kleben allerdings auf dem „Erbstück“ der Band. Tye Trujillo hat den Posten seines Vaters Robert eingenommen, und er hat definitiv viel von seinem Vater gelernt. Natürlich sticht er alterstechnisch extrem raus und wirkt dadurch leider irgendwie deplatziert auf der Bühne, qualitativ steht er seinen routinierten Bandkollegen aber in nichts nach. Ein Hit folgt dem nächsten, aber die Band hat ja auch eine lange Karriere hinter sich und kann aus dem Vollen schöpfen.





AMARANTHE sind zwar auch schon lange dabei, aber deutlich moderner. Wie bereits erwähnt, konnte Cleansänger Nils Molin bereits mit seiner zweiten Band Dynazty Rockharz-Luft schnuppern, und man merkt, dass er Bock hat, genau wie der Rest der Band. Das Wechselspiel zwischen Growls und Cleangesang funktioniert hervorragend, die Songs treiben ungemein. Davon hätte ich gerne mehr gehört.








Aber es geht gnadenlos mit tollen Bands weiter! ALESTORM haben ihre Monster-Quitscheente aufgeblasen und stechen in See. Pirate Metal, wie er im Buche steht! Mit Hurdy Gurdy, gespielt von Patty Gurdy, zeigt die Band, was sie drauf haben, und die Party ist perfekt! Natürlich fehlen Hits wie „Drink“ oder der Coversong „Hangover“ nicht in der Setlist, und so kommt das Publikum voll auf seine Kosten. Später geht noch eine kleine Gummiente crowdsurfen.







Nach so viel Spaß darf es dann gerne noch einmal düster und bedrohlich werden. Mit einem enormen Bühnenaufbau gehen DIMMU BORGIR auf die Bühne. Und so sehr ich mich auf die Symphonic Black Metal Band gefreut habe: das ertrage ich selbst mit professionellem Hörschutz nicht in der ersten Reihe! Unglaublich laut wird die PA an ihre Grenzen gebracht, das es fast schon schmerzt. Fast schon ein wenig schade, denn die Band ist spieltechnisch in Hochform und kann auch bei dieser Soundlast klanglich noch überzeugen. Allerdings muss ich mich bei der Dezibel-Zahl nach hinten in Sicherheit bringen. Manchmal ist eben weniger mehr.
Den Tagesabschluss bilden NANOWAR OF STEEL. Es gibt noch einmal eine Kehrtwende zurück zum Spaß, was nach dieser Darbietung sicherlich dafür sorgt, dass man etwas besser schlafen kann. Vom „Roten Pferd“ bis zum „Fluch des Käpt´n Iglo“ ist alles dabei. Mit entsprechendem Grinsen geht es zum Campground, um noch einmal Kraft für den letzten Tag zu tanken.
Tag 4:
Gleich früh morgens geht es brutal mit NAKKEKNAEKKER los. Die noch unglaublich junge Band aus Dänemark kommt bereits ziemlich abgebrüht rüber, und mit dem Namen kann aus der Band eigentlich langfristig nur was Großes werden. Es gibt Death Metal, und Sänger Christoffer Kofoed fordert das Publikum mehrfach auf, sie mögen ihr Genick zerstören. Die Leute, die es so früh am letzten Tag vor die Bühne geschafft haben, geben diesbezüglich ihr Bestes!


Nebenan geht es direkt heftig, wenn auch etwas ruhiger mit PARASITE INC. weiter. Mit einem futuristisch wirkenden Bühnendesign und ebenfalls fast schon steril klingenden Gitarren hinterlässt die Band einen guten Eindruck, der vermutlich mit einer anderen Band davor deutlich krachender gewirkt hätte.


STORM SEEKER setzen erneut auf Pirate Metal, allerdings mit gehörigem Folk-Einschlag. Santiano hätten hier bestimmt ihren Gefallen dran, und auch das Publikum vor der Bühne scheint es zu mögen. Mich holt der Sound nicht ganz so ab, aber man muss ja auch nicht alles mögen.
Im Anschluss kommen KNIFE, irgendwo zwischen Speed und Thrash Metal angesiedelt. Spielerisch trotz hohem Tempo sauber und überzeugend, allerdings habe ich das Gefühl, die Songs irgendwie alle schon einmal irgendwo anders gehört zu haben.
COPPELIUS sind da schon deutlich eigenständiger. Mit Cello, Kontrabass und Klarinetten ist die Instrumentierung schon sehr ungewöhnlich, dazu passend der Auftritt in Frack und Zylinder. Damit sticht die Band deutlich aus dem restlichen Line-Up hervor, und trotzdem klappt, was sie da tun. Spätestens beim System of a down-Coversong „Chop Suey“ ist auch der letzte dabei.
„Klassisch“ mit modernem Heavy Metal geht es auf der anderen Bühne mit MYSTIC PROPHECY weiter. Während die Band einen absolut überzeugenden Auftritt hinlegt, wird die Aufmerksamkeit des Publikums aber mehr und mehr nach oben gezogen. Dunkle Wolken ziehen auf, es beginnt mal wieder zu regnen, und so kommt, was leider kommen muss.
Statt NESTOR gibt es eine Ansage, dass aufgrund einer Unwetterwarnung der Bühnenbetrieb unterbrochen werden muss. Die Zuschauer werden gebeten, das Infield zu räumen und in ihren Fahrzeugen (bzw. bei anderen Leuten in den Fahrzeugen) Schutz zu suchen. Und die Besucher des Rockharz Festivals folgen dieser Aufforderung auch sofort und ohne große Proteste. Was an Wassermassen da herunter kommt, ist auch wirklich nicht feierlich. Derweil blickt man regelmäßig auf die sozialen Medien und wartet auf die Entwarnung.







Diese folgt auch, jedoch müssen neben NESTOR auch AVANTARIUM und DRACONIAN auf ihre Auftritte verzichten, bevor es auf der Bühne planmäßig mit ORDEN OGAN weiter geht. Die Herren treffen auf ein feierwilliges Publikum, das nun, nach der Zwangspause, frisch und erholt nach und nach wieder den Weg vor die Bühne findet. So macht das doch Spaß.

So sieht übrigens das Infield aus, wenn es wegen drohenden Unwetters geräumt wird. Die Ordner waren professionell und freundlich und hatten Verständnis für die Presse, dass dies eine einmalige Gelegenheit für einen guten Schnappschuss ist!
SOILWORK starten ihr Set mit „Stabbing the drama“, da wird es schwer, noch eins draufzusetzen. Frontmann Björn Strid ist gut drauf, die Setlist gefällt ebenfalls, aber wenn man mit seinem (meiner Meinung nach) besten Song anfängt (siehe Suicidal Tendencies), dann flacht das restliche Set irgendwie ab. Schade, da wäre mehr drin gewesen denke ich, und freue mich bereits auf die nächste Band.






Denn SCHANDMAUL sind nicht nur die erklärte Lieblingsband meines Sohns, sondern auch mein Hochzeitstanz gewesen. Entsprechend traurig war ich über die Nachricht, dass Sänger Thomas Lindner voraussichtlich nicht mehr am Mikrofon zu hören sein wird. Umso gespannter bin ich auf den Ersatz. Marco Klingel heißt er, und was er macht, klingt nicht nach Lindner. Das ist Fluch und Segen zugleich, denn der Versuch, seinen Vorgänger zu kopieren, wäre wohl nach hinten losgegangen, so fehlt den Songs aber das Tüpfelchen auf dem i. Auch die zusätzliche Verstärkung durch Alea von Saltatio Mortis erfreut, aber lieber wäre mir doch (auf so vielen unterschiedlichen Ebenen), Thomas wäre wieder voll da und bei Stimme. Die Hoffnung stirbt zuletzt, und so sind wir vorerst froh, dass er erfolgreich seine Krebserkrankung besiegt hat. Da klingt dann sogar ein bisschen Wehmut mit, wenn die Band zum Abschied „Dein Antlitz“ singt. Hier ist es nicht jeder Atemzug und jeder Schritt, der den Namen Thomas Lindner mit sich trägt, sondern jeder Text, jede Melodie, die irgendwie mit seiner Stimme untrennbar verbunden ist. SCHANDMAUL sind zurück, aber verändert. Das muss ich erst einmal sacken lassen.







Aber ich habe in diesem Moment keine Zeit zum Verdauen, denn nun kommen JUDAS PRIEST auf die Bühne. Vermutlich mein persönliches Highlight des Festivals, auch wenn ich Rob Halford und Co. schon mehrfach live gesehen habe. JUDAS PRIEST ist aber immer eine gute Wahl, und so ist es auch diesen Abend. Mit einer tollen Mischung aus alten Klassikern und neuen Songs zeigt die Band, was in ihr steckt. Natürlich dürfen Songs wie „Breaking the law“, „Painkiller“ oder „Hell bent for leather“ auch nicht fehlen, und Rob Halford lässt es sich weiterhin nicht nehmen, mit einer Harley auf die Bühne zu fahren. Das ist Heavy Metal!








Ebenfalls fast schon legendär sind HYPORCISY, die nach Judas Priest einen schweren Slot erwischt haben, aber Peter Tägtgren ist Profi, und Erfahrung hat die Band ebenfalls genug gesammelt im Lauf ihrer Karriere. Der Sound ist brutal gut, die Songauswahl passt, und jetzt noch einmal eine ordentliche Portion Death Metal auf die Lauscher zu kriegen, bevor man sich gedanklich schon auf die Rückfahrt vorbereitet, ist auch nicht das Schlechteste.





Aber bevor es nach Hause geht, kommen ja noch zwei Bands! LORDI dürften inzwischen allseits bekannt sein. Ich bin da ganz ehrlich: rein musikalisch interessiert mich das gar nicht, aber optisch macht die Band schon was her. Hier gibt es wirklich viel fürs Auge, die Kostümierung und Masken sind schon perfekt, und alleine das reicht doch auch mal aus, um einer Band seine Aufmerksamkeit zu schenken, oder?





Das Festival beschließen dürfen FAUN. Zu dem folkloristischen Klängen und dem einlullenden Gesang verabschieden wir uns langsam, verlassen das Infield und fahren glücklich und zufrieden vom Gelände, bevor es uns in einen Abreise-Stau verschlägt.
Bleibt als Fußnote noch zu erwähnen, dass die nächste Ausgabe des Rockharz Festivals innerhalb weniger Tage bereits komplett ausverkauft war! Eine tolle Bestätigung für den Veranstalter, der so viel in diesem Jahr richtig gemacht hat. Und wir hoffen, auch nächstes Jahr mit am Start sein zu dürfen! Vielen Dank für 4 fantastische Tage, die noch lange nachhallen werden…
Und weil das Geilste an solch einem Festival immer das Publikum ist, hier noch ein paar wenige Impressionen!














